Wie wir zueinander sind

Das Leben ist manchmal gemein und nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen.

Diese Erfahrung machen schon die Jüngsten. Streitigkeiten unter Geschwistern, Meinungsverschiedenheiten mit den Eltern und „Machtgerangel“ um das schönste Spielzeug sind dabei herausfordernd und lassen die eigene, kleine Welt manchmal ziemlich groß und beängstigend erscheinen.

Doch so anstrengend Kinderstreit für die begleitenden Erwachsenen als auch für die im Streit verwickelten Kleinen ist, so wichtig ist er für die Entwicklung der sozialen und kognitiven Kompetenzen.

Sobald Kinder in einer Gruppe mehr oder weniger Gleichaltriger zusammenkommen, müssen sie lernen sich in der Menge zu behaupten. Sie müssen sich einerseits durchsetzen, ihre Wünsche an anderer Stelle aber auch zurücknehmen können. Das ist nicht immer leicht und oft mit Frustration verbunden.

In meinen kitainternen Musikstunden habe ich unumgänglich auch mit Kinderstreit zu tun, den die Kinder meistens, mit ein klein wenig Wegweisung, sehr gut regeln, so dass unseren musikpädagogischen Interaktionen danach nichts mehr im Wege steht.

Streit entsteht fast immer, weil irgendjemand irgendetwas nicht bekommt, was er oder sie genau jetzt will. Es geht also um Bedürfnisbefriedigung und Bedürfnisse, die entweder nicht ausgesprochen oder aber nicht klar genug in Worte gefasst sind.

Im Kindesalter und aufgrund der altersadäquaten Sprachentwicklung kommt erschwerend hinzu, dass bestimmte Wünsche nur schwer mit Worten ausgedrückt werden können. Was bleibt denn da anderes übrig, als zu schreien und wild mit dem Fuß aufzustampfen, wenn mich niemand verstehen will?, denkt sich jetzt der kleine Tiger, den ich Euch gleich vorstellen möchte.

[An dieser Stelle sei in kantigen Klammern eingeschoben, dass das Verständnis von Bedürfnissen als auch unklare Äußerungen letzterer auch bei den Großen nicht selten für Streitigkeiten sorgen, obwohl die Sprachentwicklung zumeist ausgereift ist]

Aber zurück zum kleinen Tiger, der im Kindergarten tagein tagaus in gemeine Streitigkeiten verwickelt war.

Mit „Nicht so fies, kleiner Tiger“, erschienen beim Nord Süd Verlag, hat Carol Roth ein ganz wunderbares Kinderbuch geschrieben, das die witzige und einfühlsame Geschichte eines kleinen Tigers erzählt. In einfacher und kindgerechter Sprache erfahren wir, dass kleiner Tiger im Kindergarten ständig in Streitigkeiten gerät. Er möchte malen und nimmt der Maus den Pinsel weg.

 

Er möchte mit dem Bagger spielen und schubst den Wolf zur Seite. Um die Bauklötzchen zu bekommen, macht er den Turm von der Eule kaputt und drängelt sich in der Reihe vor, damit er als Erster auf der Rutsche sein kann. All‘ die anderen Tierkinder sind verärgert und wollen nicht mehr mit dem kleinen Tiger spielen.

 

 

Nun sitzt er ganz allein an seinem Tisch und merkt, dass er gar nicht glücklich ist. So ganz allein macht es keinen Spaß im Sandkasten oder mit dem Ball zu spielen. Schließlich erzählt er Frau Fuchs davon, dass keines der Kinder mit ihm spielen möchte.

„Vielleicht kannst Du etwas dagegen tun.“, rät sie und bringt den kleinen Tiger schließlich auf den Gedanken, lieb zu Anderen zu sein, damit auch sie lieb zu ihm sind.

Mit ganz kleinen Dingen gelingt es dem Tiger schließlich, die anderen Kinder für sich zu gewinnen: er gibt der Maus den Pinsel, damit sie malen kann und staunt über den schönen Turm aus Bauklötzchen, den die Eule gebaut hat. Im Sandkasten ruft er die anderen Tierkinder zu sich, damit alle gemeinsam spielen können.

Das farbenfrohe und lebhaft illustrierte Kinderbuch spiegelt ganz herzallerliebst, wie ungestüm und emotional der Kindergartenalltag sein kann. „Nicht so fies, kleiner Tiger“ erzählt einfühlsam vom respektvollen Umgang miteinander und zeigt, dass schon ganz kleine Dinge für Freude und Freundschaft sorgen können.

„Nicht so fies, kleiner Tiger“ ist eine zuckersüße Einladung, mit Kindern ins Gespräch über Zank und Zorn, Versöhnung und Freundschaft zu kommen.

Das vorgestellte Buch wurde mir zur Buchbesprechung und Einbindung in pädagogische, insbesondere musikpädagogische, Kontexte seitens des Nord Süd Verlags als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Bibliografie:

1. Auflage 20. April 2023, Autorin Carol Roth, übersetzt von Elisa Martins, Illustrationen von Rashin, gebunden, 32 Seiten, Hardcover, Format 21,5 x 28 cm, ISBN: 978-3-314-10635-4, ab 4 Jahren, Nord Süd Verlag,