DUNKEL

Dunkel ist nicht hell, denn dem Dunkel fehlt das Licht. Es ist farblos und eintönig, vielleicht langweilig und auch ein bisschen befremdlich? Manchmal macht Dunkel Angst und verunsichert uns. Es scheint ungewiss und knistert geheimnisvoll, versteckt sich hinter einer mächtigen Fassade aus wirrem Nichts. Wenn das Dunkel uns umgibt, fühlen wir uns manchmal klein und ausgeliefert. Doch wie geht es dem Dunkel dabei?

 

Dieser Frage hat sich Marit Kok gewidmet und dem Dunkel mit zarter Feder und großem Einfühlungsvermögen eine Persönlichkeit eingehaucht, die es liebenswert und zur Hauptfigur in ihrem Bilderbuch “ Die Geschichte von Dunkel“ macht. Es passiert in einem Wald, in dem das Moos, wie ein Teppich ausgerollt, die Wurzeln der großen, alten Bäume bedeckt. Der Mond wirft seinen Schein durch die Zweige, während das Licht schlafen geht.

 

Vielleicht kann man eine Eule hören oder das Rauschen der Blätter. Vielleicht hört man auch die Bettdecke rascheln, unter der das Dunkel gerade aus seinen Träumen aufschreckt und sich zitternd vor der Nacht versteckt.

Nanu, wer hätte das gedacht? Es scheint fast so, als habe Dunkel Angst vor der Nacht? Dunkel ist bis über die Nasenspitze unter seiner Decke verschwunden. Nur die großen Augen blitzen ängstlich in den Wald, der Schatten wirft und glitzert und klingt. Dunkel fühlt sich klein und einsam. Nichts kann ihn aus seinem schützenden Federbettchen locken, bis plötzlich und unerwartet ein Licht in der Ferne aufblitzt.

Das Licht ist hell und warm fühlt es sich an. Es ist munter und belebend und strahlt anziehend seinen sicheren Schein in den bemoosten Nachtwald und das unergründliche Dickicht hinein.

„Ach“, denkt sich da das Dunkel, „könnte ich wie Licht nur sein!“

Angezogen vom fernen Schein springt Dunkel aus seinem Bett und eilt in die Richtung, aus der es ihm entgegenleuchtet.

 

Dunkel durchquert die Nacht, vorbei an den zackigen Felsen und durch den Ästchenwald hindurch. Die Nacht um ihn herum lässt die Bäume wie Riesen wirken, die angestrahlt von Mond und Sternen, Farbe und Glanz ins Dunkel tupfen.

Im verwunschenen Dorf herrscht Friedlichkeit und Stille. Die Welt schläft und Dunkel spürt Ruhe, während er zwischen den Häusern entlang und dem hellen Schein entgegenläuft.

Die graue Wolkendecke am Himmel reißt ein stückweit auf und lässt einen Stern hindurchscheinen, direkt zu Dunkel herunter. Im Sternenlicht leuchtet auch Dunkel wie ein ein kleiner Stern.

Auf seinem Weg ins Helle kommt Dunkel am Leuchtturm vorbei. Rot-weiß-geringelt steht der da, den warmen Lichtkegel auf das glänzende Meer gelegt, während weiße Wattewölkchen durch den Nachthimmel ziehen. Mit jedem weiteren Schritt verwandeln sich Dunkels Angst und Unsicherheit. Er entdeckt, dass das Dunkel um ihn herum neben dem Licht von Mond und Sternen und Glühwürmchen wie eine wohlige Decke auf Allem liegt.

 

Helligkeit ist leicht und locker. Helligkeit schaut neugierig um die Ecke und leuchtet in den moosbedeckten Wald. Dunkelheit ist beruhigend und sanft, besonders, wenn Mond und Sterne und Glühwürmchen ihren Schein glitzernd ins Dunkel tupfen.

Als das Licht im Wald langsam das Dunkel verdrängt, gehen die Schatten unter Ästen und Bäumen schlummern und auch Dunkel legt sich unter seine warme Bettdecke und schläft ein.

„Die Geschichte von Dunkel“, von Marit Kok, erschienen beim Mixtvision Verlag, stellt der Dunkelheit das Licht gegenüber und skizziert damit, in einfachen, kindgerechten Reimen, eine Dunkelheit, in der die Schönheit der Nacht aus allen Ecken und Winkeln hervorblickt.

Das Bilderbuch besticht insbesondere durch ganzseitige handgemachte Szenenbilder, die detail- und fantasiereich die Welt um Dunkel und seinen Weg durch die Nacht abbilden.

Marit Kok stellt mit „Die Geschichte von Dunkel“ ihr erstes Bilderbuch vor und überzeugt als Trickfilmmacherin mit ihren wunderschönen Traumweltkulissen. Die Figur von Dunkel ist dabei Freund und Sympathieträger und begleitet sanft auf dem Weg in den Schlaf.

Das Bilderbuch „Die Geschichte von Dunkel“ wurde mir zu Rezensionszwecken vom mixtvision Verlag zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür.

Bibliographie:

Autorin: Marit Kok, aus dem Niederländischen von Verena Kiefer, Verlag: mixtvision Verlag, Leopoldstraße 25, 80802 München, wew.mixtvision.de, erschienen am 19.07.2023, gebunden, durchgängig vielfarbig illustriert, 40 Seiten, € 18,00 (D) / € 18,50 (A), Lesealter: ab 3 Jahre,

ISBN 978–3–95854–208–2